Disclaimer: Dieses Märchen ist frei erfunden. Jede Ähnlichkeit mit lebenden Personen oder tatsächlichen Vorkommnissen ist rein zufällig - aber nicht unmöglich...

"Ach wie gut das niemand weiss, dass ich Rumpel heiss ..."

Ein erbauliches Märchen - von Pink Lichtenstein

Es war einmal vor garnicht langer Zeit in einem Land, das so nach Geld stinkt, dass die meisten Leute ihren Kopf in Schokolade stecken (dass man davon nicht nur braun am Kopf, sondern häufig auch braun im Kopf wird, ist aber eine andere Geschichte...).

In diesem Land hatten die Leute schon vor 700 Jahren den Geburtsadel abgeschafft und das entstandene Vakuum durch Jassen und Jammern gefüllt ("Wir wollen sein ein einig Volk von Leidgenossen!"). Fast 600 Jahre lang haben die Leute davon mehr schlecht als recht gelebt und galten bei den umliegenden Stämmen als kleines, räuberisches Bergvolk.

Dann aber fanden einige schlaue Räuber heraus, wie man ohne etwas zu tun aus Papier Gold spinnt. Ein voller Erfolg! Innerhalb kurzer Zeit (verglichen mit den 600 Jahren davor) waren die armen Kuhbauern zu "den" Goldspinnern schlechthin geworden; alle Welt trug ihr Papier zu diesen Zauberern, in der Hoffnung auch ihren Teil vom Gold zu bekommen.

Irgendwann - und das ist jetzt noch nicht lange her - kamen die Rumpelstilzchen auf den Trichter, dass die Goldspinnerei auch mit Sand statt mit Papier funktioniert. Allerdings hatte die Sache einen kleinen Haken: Während beim Papier für alle sichtbar war in wieviel Gold dieses Papier gesponnen werden kann, konnte man es beim Sand nicht sehen, da dieser aufwendig geschmolzen und gut verpackt transportiert werden musste. Deshalb ersannen sich die Rumpelstilzchen einen Zauberspruch, der alle glauben machte, dass das Gold da ist, auch wenn man es nicht sieht.

Wie das genau geschah, ist in den Verliessen und Türmen der Goldspinnerei auf immer weggesperrt. Sicher ist nur eins: Die faulen Zauberer haben sich einen viel zu kurzen Zauberspruch ausgedacht. Das mag auch daran liegen, dass in diesem Land Bequemlichkeit ein Lebensziel und Jammern der Weg dorthin ist.

Es wäre sicherlich alles so weiter gelaufen wie bisher, hätte nicht ein kluger Hackergeselle aus einem fernen Land das Sandgold in die Hände bekommen. Mit Sand kannte er sich gut aus und so war es ihm ein leichtes, den Zauberspruch zu enträtseln. Dabei brauchte er sich nicht mal besonders anstrengen: Rumpelstilzchen in einem noch ferneren Land hatten es auch schon Mal mit einem so kurzen Zauberspruch versucht und dafür bös' eins auf die Mütze bekommen - wie man den Zauberspruch enträtselt, konnte unser Hackergeselle einfach im Buch der WeltWeiten Wunder nachlesen...

Hier wäre unsere Geschichte schon zu Ende, wenn unser Hackergeselle nur klug wäre und nicht auch noch Gerechtigkeitssinn hätte. Die Rumpelstilzchen behaupteten nämlich, wenn jemand jammert, dass sein Sandgold gestohlen und von jemand anderem benutzt wurde, dann kann das nicht stimmen, da ihr Zauberspruch so mächtig ist, dass kein Zauberer der Welt ihn aufheben kann. Für das fehlende Gold seien sie nicht zuständig.

Dem war ja wohl nun doch nicht so; also beschloss unser Hackergeselle, dass die Rumpelstilzchen gefälligst den Schaden aus ihrem Gold bezahlen müssen. Um aber nicht selbst von den Rumpelstilzchen verhext zu werden, wandte er sich an andere Hackergesellen, die zum Clan des Chaos gehörten und schon einige Erfahrung mit Rumpelstilzchen hatten.

Aber auch mit Erfahrung setzt man sich den bösen Kräften von Rumpelstilzchen nicht einfach so aus: es wurde beschlossen indirekt Kontakt aufzunehmen. Da die Rumpelstilzchen in der Regel eher dumm sind, brauchen sie viele kluge Leute, die die schwierige ArByte für sie erledigen. Ein solcher ArByter war dem Clan persönlich bekannt und wurde in seiner Höhle besucht.

Bei diesem Besuch wurde mit den ArBytern vereinbart, dass ein Schriftstück über die Enträtselung des Zauberspruchs vom Chaos-Clan erstellt und von den ArBytern schnellstmöglich an die Rumpelstilzchen weitergeleitet wird, damit ein direktes Treffen arrangiert werden kann. Leider gingen bei den ArBytern viele Wochen ins Land, bis von ihnen endlich ein Termin mit den Rumpelstilzchen selbst vereinbart wurde.

Am Rande einer Kirchmess traf man sich zu einem ersten Gespräch; die Rumpelstilzchen taten überrascht und gaben vor, bisher noch gar nichts davon gehört zu haben (die ArByter hatten nämlich entgegen der Absprache das technische Papier noch nicht weitergereicht). Der Posten des Sicherheits-Rumpelstilzchens war im übrigen erst drei Monate vorher geschaffen und besetzt worden; also erklärten die Rumpelstilzchen sie bräuchten noch mal einige Wochen, um sich näher damit zu beschäftigen...

Das alte Spiel der Rumpelstilzchen: Kontrolle von Zeit und Gold - hinhalten und absahnen. Allerdings wurde vom Chaos-Clan nach drei Wochen auf ein weiteres Treffen gedrängt, damit die Angelegenheit der Haftung für geklautes Sandgold und ggf. ein weiteres gemeinsames Vorgehen besprochen werden kann.

Also gab es in der Stadt der Bären, direkt in der Höhle der Rumpelstilzchen, ein zweites direktes Treffen. Die Rumpelstilzchen tanzten dabei um ihr Lagerfeuer und gaben vielerlei widersprüchliche Beschwörungen von sich wie "Das Problem kennen wir selbst schon seit Jahren", "Betrug gibt es auch bei Papiergold" und "Bei Missbrauch prüfen wir bis zum letzen Sandkorn" - immer wieder unterbrochen durch ein dreifaches "Kulanz". Die Forderung des Chaos-Clans nach Änderung der Haftungsbedingungen verstehe man gar nicht ("Kulanz, Kulanz, Kulanz") und in keinem Fall werden die Abnehmer des Sandgoldes in irgendeiner Form informiert. Allerdings würde man doch gerne in Zukunft auf das Expertenwissen des Clans zurückgreifen; mit der Einführung eines neuen Systems gäbe es sicherlich Beratungsbedarf.

Aber schon zwei Tage später hatten es sich die Rumpelstilzchen anders überlegt: ein Beratungsbedarf für die Zukunft bestehe nicht und für die bisherigen Spesen würden sie eine kleine Entschädigung zahlen. Eine verbindliche Aussage zu einer Änderung der Haftungsbedingungen wurde von den Rumpelstilzchen nicht gemacht.

Da unsere Rumpelstilzchen auch noch einen König hatten (insgesamt gibt es in diesem kleinen Land sogar derer sieben), dachte sich der Clan: "Wenn also die Rumpelstilzchen schon nicht wissen, was sie tun, dann sollte es wenigstens der König tun." Also wurde um Audienz bei Hofe gebeten - aber man wartet vergeblich auf einen Herold...

Für den Chaos-Clan war jetzt die Pflicht erfüllt, die sich aus seinem Ehrenkodex ergibt: zuerst mal mit den Rumpelstilzchen reden. Da die Rumpelstilzchen aber nicht von selbst zu einer angemessenen Reaktion willig waren und das Ganze unter den Teppich kehren wollten, muss jetzt der Chaos-Clan den ganzen Schwindel der Rumpelstilzchen an die Tür der Domkirche nageln, damit es von jedem gelesen werden kann.

Und die Moral von der Geschichte: Solange die Rumpelstilzchen dieser Welt nur ihr Gold im Kopf haben, wird es auch ein drittes Mal passieren...